× Zusammenfassung Ausgangssituation Versorgungsalternativen Vergleichende Analyse Nutzwertanalyse Versorgungsalternativen im Detail Wichtige Annahmen


Kooperative Trinkwassernotversorgung am Beispiel der Stadt Berlin



Wie wird in dieser Studie die kooperative Notversorgung mit Trinkwasser untersucht?



Es werden neben rein humanitären Standortalternativen (Notbrunnen) die zusätzliche Nutzung

von kommerziellen Standorten (Supermärkte) im Rahmen einer kooperativen Versorgung analysiert.

Der Vergleich findet anhand humanitärer und wirtschaftlicher Kriterien statt.



Welche Ergebnisse sind besonders überraschend?



Vor allem die deutlichen Einsparpotenziale der wirtschaftlichen Kriterien von >50% der Transporte

und >40% der Standorte durch kooperative Notversorgung ist überraschend.

Es wird ein Mehrwert offensichtlich, nahezu unabhängig der persönlichen Perspektive.





Ausgangssituation

Trinkwasser ist für das Überleben des Menschen eines der wichtigsten Güter. Die Erfahrungen der letzten Jahre – z. B. in Verbindung mit extremen Naturereignissen oder terroristischen Anschlägen – machen deutlich, dass außergewöhnliche Ereignisse die leitungsgebundene Wasserversorgung der Bevölkerung gefährden können. In einer derartigen Versorgungskrise ist der Bund direkt zu Handlungen gezwungen. In Großstadtregionen sind für derartige Ereignisse Trinkwassernotbrunnen platziert, welche zur Notversorgung der Bevölkerung ausgelegt sind.

Vorgehen & Modell

Um größere Teile der Bevölkerung direkt versorgen zu können, wird das Konzept der Trinkwassernotversorgung um Standorte des Lebensmitteleinzelhandels (Supermärkte) zur Ausgabe von Wasser ergänzt. Durch sequenzielle Optimierungsschritte werden sechs Versorgungsalternativen – mit und ohne Kooperationen – entwickelt und anhand humanitärer und wirtschaftlicher Kriterien verglichen.
Die Zuordnung des vorhandenen Wassers auf die Bevölkerung wurde mathematisch formuliert und logistisch durch Standort- und Transportplanung gelöst. In den Fokus der Betrachtung rückt dabei ein multikriterielles Covering-Problem. Nachfolgende Ergebnisse stellen für den Modellraum Berlin das vorhandene Wasserangebot und die Wassernachfrage gegenüber.

Kennzahlen

Die Versorgung und ihre Durchführung wird dabei mit Hilfe der folgenden Kennzahlen gemessen:




Versorgungsalternativen im Überblick





Vergleichende Analyse

Direkte Abdeckung

  • Die direkte Abdeckung in Alternative SV I (~72%) zeigt, dass die geografische Verteilung der existierenden Notbrunnen nicht optimal auf die Bevölkerungsverteilung Berlins ausgelegt sind.

  • Durch Transport des Wassers von Brunnen mit Überschuss zu Brunnen mit Mangel lässt sich eine leichte Verbesserung erzeugen.

  • Alternativen KV I und KV II zeigen, dass durch die Supermärkte als zusätzliche Versorgungsstandorte die direkte Abdeckung der Bevölkerung deutlich erhöht werden kann. Vorteil durch öffentlich-private Notfallkooperation (eng.:public-private emergency collaboration [PPEC])

  • In Gebieten mit Wassermangel sorgen provisorische Standorte für direkte Abdeckung bis zu 100% (Alternative KV IV).

Anzahl Transporte pro Tag

  • Ohne Hinzunahme der privatwirtschaftlichen Standorte ist eine hohe Anzahl an Wassertransporten zu den nicht direkt abgedeckten Haushalten nötig.

  • Durch die höhere direkte Abdeckung bei Nutzung der zusätzlichen Supermarktstandorte lässt sich eine deutliche Transportentlastung erzielen (SV II zu KV II: -38% Vorteil durch PPEC).

  • In Alternative KV IV mit 100%iger direkter Abdeckung werden lediglich Transporte von den Brunnen mit Wasserüberschuss zu den Versorgungsstellen mit Wassermangel benötigt.

Durchschnittlicher Transportaufwand

  • Der hohe Anteil der zu beliefernden Privatbevölkerung führt in Alternativen SV I und SV II zu hoher Anzahl der zu fahrenden Kilometer.

  • Auch im Transportaufwand sorgen die privatwirtschaftlichen Standorte in Alternativen KV I und KV II für spürbare Entlastung. (Vorteil durch PPEC)

  • Durch Hinzunahme provisorischer Standorte in Alternativen KV III und KV IV lässt sich die durchschnittliche Transportentfernung hingegen kaum noch reduzieren.

Anzahl Standorte

  • Alternativen SV I und KV I nutzen alle zur Verfügung stehenden Standorte, wodurch hohe Kosten zu erwarten sind.

  • Durch optimierte Wahl der Standorte lassen sich in Alternativen SV II bzw. KV II die Gesamtzahl der Standorte deutlich reduzieren (SV I zu SV II: -63%, KV I zu KV II: -71%).

  • Damit in KV IV eine vollständige Abdeckung aller Bewohner erzielt werden kann, muss die Zahl der Standorte wieder deutlich erhöht werden (KV II zu KV IV: +101%).

Entfernung Privatbevölkerung

  • Die Entfernung der Privatbevölkerung zu den Versorgungsstellen ergibt sich aus der Anzahl der Standorte und der damit erzielten Abdeckung.

  • Bei Verwendung der Alternativen SV I und KV I mit „nicht-optimierten“ Standorten kann die durchschnittliche Entfernung deutlich verringert werden.

  • Alle der „optimierten“ Alternativen weisen ähnliche Werte auf.




Nutzwertanalyse der Versorgungsalternativen

Die dargestellten Versorgungsalternativen SV I bis KV IV weisen aus humanitärer und wirtschaftlicher Sicht verschiedene Vor- und Nachteile auf. Anhand einer Nutzwertanalyse kann eine Entscheidung nach individueller Gewichtung der Kriterien getroffen werden. Die dargestellten Nutzwerte verdeutlichen, dass beispielsweise eine stärker humanitäre Zielstellung zu einer anderen Versorgungsalternative mit mehr Versorgungsstandorten führen würde.



Gewichtung in vordefinierten Perspektiven [%]:
Prozentwerte beschreiben, zu welchen Anteilen die Kriterien in die Berechnung einfließen
(größerer Wert = höhere Wichtigkeit)
Bewertungskriterium Ausgewogene Perspektive Humanitäre Perspektive wirtschaftliche Perspektive
Direkte Abdeckung der Bevölkerung 25% 41% 9%
Entfernung zur Privatbevölkerung 25% 41% 9%
Anzahl Ausgabestandorte 25% 6% 40%
Anzahl zu fahrender Transporte 12,5% 6% 21%
Durchschnittliche Entfernung je Transport 12,5% 6% 21%


⇒ Welche Versorgungsalternative wäre aus Ihrer Perspektive am geeignetsten?

Bewerten Sie die Wichtigkeit der nachfolgenden Kriterien, um zu erfahren welche Versorgungsalternative aus ihrer Perspektive optimal ist.
Bitte tragen Sie Werte von 0 bis 10 ein: 0 = Kriterium nicht relevant ... 10 = Kriterium äußerst wichtig

Direkte Abdeckung der Bevölkerung:
Entfernung zur Privatbevölkerung:
Anzahl Ausgabestandorte:
Anzahl zu fahrender Transporte:
Durchschnittliche Entfernung je Transport:





Versorgungsalternativen im Detail

Staatliche Notversorgung I - Nutzung aller Notbrunnen (SV I)

Auswertung

  • Abdeckung: 71,6 %

  • Anzahl Transporte: 5.807

  • Durchschnitt Transportaufwand: 4,98 km

  • Anzahl Standorte: 1.028

  • Entfernung Privatbevölkerung: 368,53 m

Erläuterung:

Alternative SV I dient als eine Art Vergleichslösung, bei welcher keine Standortoptimierung stattfindet. Alle mehr als 1.000 vorhandenen Notbrunnen in dem Modellraum werden zur Ausgabe geöffnet. An dem Kartenausschnitt wird deutlich, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung außerhalb der Covering-Distanz von 1.000 m wohnt und zudem einige Notbrunnen durch ihre begrenzte Förderkapazität von 90.000 Litern limitiert werden. Dadurch ergeben sich zur vollständigen Versorgung der Bevölkerung eine hohe Anzahl an Transporten (blaue Linien). Wasserlieferungen von Quellen zu Ausgabestellen finden jedoch nicht statt, da stets am Ort der Quelle das Wasser direkt ausgegeben wird.

Staatliche Notversorgung II - Nutzung optimaler Notbrunnen sowie Ausgleichstransporte (SV II)

Auswertung

  • Abdeckung: 75 %

  • Anzahl Transporte: 6.040

  • Durchschnitt Transportaufwand: 4,7 km

  • Anzahl Standorte: 381

  • Entfernung Privatbevölkerung: 537,55 m

Erläuterung:

Durch Standortoptimierung wird erreicht, dass eine Vielzahl der Notbrunnen nicht als Ausgabestellen benötigt werden. In der Abbildung wird dies ersichtlich anhand der verminderten Anzahl der Notbrunnen als Ausgabestellen (orangene Brunnen), welche nun teilweise als reine Quelle (graue Brunnen) zur Versorgung der anderen Notbrunnen betrieben werden. Dadurch resultiert eine stärkere Auslastung der geöffneten Brunnen und eine höhere Zahl der Ausgleichtransporte von den Quellen zu den Ausgabestellen (blaue Linien zwischen den Brunnen). Durch diesen Ausgleich von Brunnen mit Wasserüberschuss zu Brunnen mit Wassermangel können jedoch mehr Menschen direkt versorgt werden.

Kooperative Notversorgung I - Nutzung aller Notbrunnen und Supermärkte sowie Ausgleichstransporte von Notbrunnen zu Supermärkten (KV I)

Auswertung

  • Abdeckung: 91,3 %

  • Anzahl Transporte: 4.019

  • Durchschnitt Transportaufwand: 2,93 km

  • Anzahl Standorte: 2.090

  • Entfernung Privatbevölkerung: 337,10 m

Erläuterung:

Durch die Kooperationen zwischen Staat und Unternehmen des LEH werden Super- und Getränkemärkte als Ausgabestellen für Wasser nutzbar. Ähnlich wie in Alternative SV I wird auch seitens der kooperativen Notversorgung zunächst eine Basislösung erzeugt, in welcher alle mehr als 2.000 potenziellen Ausgabestellen Berlins geöffnet werden. Auch hier findet also keine Standortoptimierung statt. Die Bevölkerung wird stets dem nächstgelegenen Versorgungspunkt zugeordnet (grüne Linien). In der Abbildung ist erkennbar, dass durch die zusätzlichen Standorte die direkte Abdeckung der Bevölkerung erhöht werden kann (höherer Anteil grüner Punkte).

Kooperative Notversorgung II - Nutzung optimaler Notbrunnen und Supermärkte sowie Ausgleichstransporte von Notbrunnen (KV II)

Auswertung

  • Abdeckung: 91,3 %

  • Anzahl Transporte: 3.735

  • Durchschnitt Transportaufwand: 3,16 km

  • Anzahl Standorte: 599

  • Entfernung Privatbevölkerung: 543,22 m

Erläuterung:

Durch Alternative KV II wird versucht, mittels Standortoptimierung eine wirtschaftlich bessergestellte Lösung im Vergleich zur vorherigen Alternative KV I zu erzeugen. Bei der Optimierung werden allerdings nicht alle Standorte gleichzeitig optimiert, sondern durch die differenzierte Betrachtung der Standorte ergibt sich ein mehrstufiges Vorgehen. Auf die Standortwahl aus Alternative SV II wird aufgebaut und anhand der verbleibenden Nachfrage (blaue Punkte in SV II) optimal gelegene Supermärkte gewählt. Dabei soll die gleiche Abdeckung der Bevölkerung wie in Alternative KV I erreicht werden, allerdings mit weniger für die Ausgabe geöffneten Standorte. Zur Belieferung der Ausgabestellen mit Wasser können allerdings umfangreichere Ausgleichstransporte (blaue Linien) entstehen.

Kooperative Notversorgung III - Nutzung optimaler Notbrunnen und Supermärkte sowie provisorische Standorte mit Abdeckungsziel 95% (KV III)

Auswertung

  • Abdeckung: 95,3 %

  • Anzahl Transporte: 3.184

  • Durchschnitt Transportaufwand: 2,92 km

  • Anzahl Standorte: 654

  • Entfernung Privatbevölkerung: 545,14 m

Erläuterung:

In Alternative KV II wird bereits ein optimiertes kooperatives Konzept zur Notversorgung der Bevölkerung mit Wasser dargestellt. In der Abbildung sieht man allerdings, dass in KV II einige der Nachfragepunkte nicht direkt einer Ausgabestelle zugeordnet werden können. Die größte Restriktion wird hierbei durch die einzuhaltende Covering-Distanz von 1.000 m erzeugt. Um die direkte Abdeckung der Bevölkerung durch Ausgabestellen zu erhöhen, können weitere temporäre Standorte eingerichtet werden. In Alternative KV III werden möglichst wenige Standorte erzeugt, um 95 % der Bevölkerung zu erreichen.

Kooperative Notversorgung IV - Nutzung optimaler Notbrunnen und Supermärkte sowie provisorische Standorte mit Abdeckungsziel 100% (KV IV)

Auswertung

  • Abdeckung: 100 %

  • Anzahl Transporte: 2.751

  • Durchschnitt Transportaufwand: 2,87 km

  • Anzahl Standorte: 1.203

  • Entfernung Privatbevölkerung: 520,41 m

Erläuterung:

Alternative KV IV stellt den Extremfall dar, in welchem jeder Nachfragepunkt (100%) eine Ausgabestelle in Reichweite besitzt. Die Abbildung verdeutlicht, dass unter KV IV die Transporte zu den Privathaushalten entfallen (keine blauen Punkte), wohingegen zusätzliche Ausgleichstransporte zu den temporären Standorten gefahren werden müssen (blaue Linien).





Wichtige Annahmen